Project Description

Orangerie bei Nacht. Crazy Togga

Orangerie bei Nacht

Eine Geschicht in
80 Bildrollen von der ethnologischen Sammlung des Raumschiff Enterprise, erworben auf ihren Reisen.
2015 – 2017, Stoff, Papier, Tusche. Ein Katalog ist verfügbar.
Installationsansicht

Orangerie at Night
A story from the collection of the Starship Enterprise 

2015 -2017, Fabric, wood, ink . Catalogue available
Installation view

Die etwa 80 Tuschzeichnungen in Größen von 50×20 cm bis 100×140 cm sind in Stoffe eingefasst und als Bildrollen verarbeitet. Mit ihren teilweise konischen Formaten und silbernen Textilien könnten sie der ethnografischen Sammlung des Raumschiff Enterprise entsprungen sein, das sie auf seinen Reisen in den ‚unendlichen Weiten‘ des Weltraums erworben hat. Die entspannten Pinselzeichnungen entfalten sich zwischen winzigen Details und großzügig lavierten Flächen.
Beim Betrachten erschließt sich aus den Arbeiten eine Art Kolonialgeschichte, die auf dem fiktiven Planeten Tonder spielt. Großäugigen Wesen, die das Kindchenschema aktivieren, bekommen Besuch von vierarmigen Raupen, die Neuerungen mitbringen.

Zentrale Rolle spielen dabei Orangerien, die als Symbol von Schönheit und Macht fungieren könnten. Aber auch die arbeitsamen Raupen sind nur Sendboten eines Masterminds… Die Arbeiten ergeben keine lineare Erzählung, sondern weben ein Patchwork aus Situationen.
Die Serie kann als klassische Gesellschaftsparabel verstanden werden, die mit freundlichen Wesenheiten, Pünktchenmuster und rosa Stoffen Begriffe wie Naivität und Kultur verhandelt.

Aber wie auch Fabeln nur begrenzt als Geschichten für Kinder taugen, öffnen sich in ‚Orangerie bei Nacht‘ reichlich aktuelle Tiefen und Untiefen.

Donnerrollen
Text Dr. Mark Jackson
zur Serie ‚Orangerie bei Nacht‘

Kämpfender Zentaur ist im Exil. Sie sitzt im Arbeitszimmer ihres Raumschiffs, eines Dominic Carme Déchaux Mk. 9, einem Schiffsmodell, das eigens als Imitation amerikanischer Fernsehserien des 20. Jahrhunderts entwickelt wurde. Heute besteht das Arbeitszimmer aus einem ihrer Lieblingsdesigns. Als es das erste mal erschien, hatte sie sofort eine Markierung gesetzt und es hoch bewertet, damit das Design auch wiederkehren würde. Irgendwie erinnerte sie das Zimmer an das Innere einer mobilen FLAG Einheit – aus der ersten Staffel von Knight Rider.

Oft langweilen sie ihre Markierungen, aber dieses hatte sie behalten. Sie sitzt neben einer Computerkonsole in ihrem gemütlichen Strampelanzug, ihre Füße in einem Paar albtraumblauer Gesundheitspantoffel. Auf der Anzeigetafel vor ihr liegt ein Stapel Bildrollen, ein Geschenk von Valerie. Die Rollen sind zwar alt, aber Valerie meinte, dass sie aus einem anderen Universum mit weniger starren Zeitgesetzen, aus dem Chaos der Datenschutz-Kriege, stammen. Grundsätzlich folgt sie den Vorschlägen Valeries; sie waren stets interessant, wenn auch gelegentlich geschmacklos. Zum Beispiel gehört Valerie zu den wenigen ihr bekannten Wesen, die den Earth Remeberance Day, also den Erde-Gedenk-Tag, feierten.

Die Rollen weisen getuschte Szenen auf, montiert auf bunten Stoffen. Sie sind prachtvoll illustriert, eine Seltenheit in der Neuen Gesellschaft, und erzählen fantastische Geschichten einer Welt namens Tonder: Von geheimnisvollen Zigguraten, dem Erdenmann Wernher von Braun und der unberechenbare Pracht von Orangerien ist die Rede.

Die intergalaktischen Schiffe der Baureihe der Dominic Carme Déchaux sind voller Kameras. Sie dokumentieren alles, Nanosekunde für Nanosekunde und speisen es in das große künstliche Gehirn des Schiffes ein. Die Mk. 9s haben das Dank der Nachfrage bis an die Grenze des Machbaren getrieben. Nur wenige Bereiche werden nicht von Kameras erfasst. Auch tote Räume, durchs Schiffsdesign unzugängliche Winkel, die keine offensichtliche Funktion besitzen, oder Orte, die der einsame Passagier niemals besuchen würde, werden überwacht – falls sie doch für die Situation unerwartet kritisch werden würden.

Der Computer zeichnet ununterbrochen und ausnahmslos auf. Er sammelt und interpretiert, auf der Suche nach wichtigen Daten. Er durchwühlt rasch Bilder, versucht, eine Geschichte zu konstruieren, und überarbeitet permanent, jede Differenz zur letzten Situation verwertend. Wenn Umgebungen sich zu verändern scheinen, wechseln die Kameras in eine aktive, suchende Funktion. Auf der Computerkonsole im Arbeitszimmer von Kämpfendem Zentauer blinken farbige Statusanzeigen. Die Bildrollen befinden sich auf dem zentralen Tisch, beleuchtet mit stroboskopischen Flimmern. Die Kameras fokussieren sie, regulieren permanent nach. Die flackernde Frequenz der Lichter löst etwas im Gehirn des Schiffes aus. Es halluziniert: Die Bilder beginnen sich zu bewegen und damit zu entwirren. Im Fokus der Kamera sprechen fremde Wesen von anderen Welten miteinander, Regeln werden gelehrt. Die Toggos, Ureinwohner auf Tonder, sitzen vor den Bullwizz, Immigranten vom Planeten Wizz. Es gibt einen klaren Informationsfluss und während die Bullwizz sprechen, machen ihre Körper klickende Geräusche. Die Zuhörer wiederholen die Geräusche und, indem sie die neuen Regeln mit körperlichen Eindrücken verbinden, lernen schneller.

Dabei knacken ihre Chitinpanzer und entwickeln Gerüche: Saccharine zuerst, später Metallisches, dann Fauliges – wie verrottende Früchte.

Die Kameras der Dominic Mk. 9 beobachten Kämpfenden Zentaur, wie sie die Räume des Schiffes durchstreift. Um die Rollen wirklich produktiv nutzen zu können, muss das Umfeld perfekt stimmen. Sie könnte jetzt den Raumzyklus neu starten. Irgendwann hatte sie jedoch entdeckt, dass es oft schneller ging, einfach nur herumzulaufen, um die entsprechende Szenerie in einem Raum zu finden.

Während sie das Schiff durchquert, materialisieren sich die Räume aus den Speichern der Bordbibliothek. Sie klettert über die Sitze von Fox Mulders Auto aus der X-Files-Episode ‚Dreamland‘ und kraxelt durch die unterirdischen Tunnel New Yorks von Beauty and the Beast. Häufig bewegt sie sich dabei langsam durch einen Raum, den sie mag: der O.R. von M*A*S*H, komplett mit operierenden Ärzten und zerstückelten Patienten; oder aber rasch durch einen hindurch, den sie als erdrückend oder frustrierend empfindet: das Central Perk Kaffeehaus von Friends. Dass all dieses Suchen Zeit kostet, spielt keine wirkliche Rolle; Ineffizienz ist ein Privileg weiter Raumreisen. Ebenso wie die Kameras sie beobachten, observieren sie die im Arbeitszimmer verbliebenen Bildrollen. Unter dem zyklischen Luftzug der Klimaanlage gleitet die oberste Rolle zu Boden. Ein neues Bild erscheint: der alte Mann, der Besucher von Braun. Er blickt auf die weit entfernte Oberfläche von Tonder, eines Planeten, den er nie betreten würde. Die Einwohner nannten ihre Welt nicht selbst Tonder;der Name war das Geschenk des alten Mannes. Sie hatten weder danach gefragt, noch ihn abgelehnt. Die Kameras stellen immer wieder scharf, gefangen im Rhythmus der Lichter. Das Bild wird undeutlich; Details und Text lösen sich im Hintergrund auf. Wernher von Braun blinzelt zum Horizont. Die ihn umgebenden Bullwizz sehen besorgt aus. Sie sind einfache Wesen und führen seinen Willen aus, aber selbst ihnen ist klar, dass sein Weitblick zu versagen beginnt. Wolken treiben über die rosa Ländereien. Ein elektrischer Sturm, kleiner als eine Fingerspitze.

Auf ihrer Wanderung durchs Raumschiff pausiert Kämpfender Zentaur in einer behausten Höhle aus einer einer frühen Episode von It’s About Time. Etwas stimmt nicht. Die Szenerie sollte eigentlich prähistorisch sein, doch ein Glasfenster aus dem 15. Jahrhundert, anachronistisch in der linken Felswand eingebettet, taucht die Höhle in ein mildes Licht. Vor dem Fenster steht eine Kommode mit drei Orangen und oberhalb, in der warmen Sonne der Fensterbank, ruht eine vierte. Ein Fenster sollte es in dieser Höhle nicht geben, ebensowenig eine Kommode. Sie erkennt die Szene als Detail eines Gemäldes: ein altes Porträt aus einem Geschichtsbuch. „Dominic? Dieses Gemälde gehört nicht in den Fernsehdateien, genauso die Orangen. Es könnte ein Softwarefehler sein.“ Sie nimmt eine Orange und riecht daran. Auf der Rückseite weist die weiche Frucht eine Ansammlung von grünem und weißem Penicillium-Schimmel. Sie stellt sich die Orange als Welt und den Schimmel als riesigen Wald vor, der durch einen Kontinent aus Eis wächst. In der Tasche ihres Einteilers lässt sie eine der Früchte verschwinden. „…vielleicht bin ich ja ziemlich dicht dran…“ Ihr Weg führt sie aus der Höhle in den nächsten Raum. Fadenscheinige Wild-West-Fassaden formen einen Platz, die Szenerie scheint unvollständig. Der riesige Raum hinter den Wänden ist beleuchtet, einen Sonnenuntergang imitierend. Eine Fiktion in der Fiktion. Das Set ist staubig und vernachlässigt, nicht gerade einladend, aber trotzdem ergonomisch arrangiert. Trockene Büsche umgeben sie und riechen nach Regen.

Die Geschichten der Rollen sind anders als die, die von der Neuen Gesellschaft verkauft werden. Es sind keine Kindergeschichten wie etwa Bobby Terror und der Abschaum der Milchstraße, noch dürr ausstaffierte mythologische Serien wie Kitty Dark’s Der Illustrierte Planet. Kämpfender Zentaur starrt auf die Bilder, in denen Bedeutungsvolles rosafarben hervorgehoben ist. Ihr Blick streift über die Rollen und ihre Hände ertasten die Textur. Es wirkt, als versuche sie, die Rollen mit den Fingerspitzen zu lesen.

Offensichtlich sind die Rollen nicht geordnet, sondern zu einer falschen Bedeutung vermischt, sich jeder Interpretation sperrend. “Hier ist mehr”, sagt sie sich, “die Rollen ähneln Briefen, geschrieben für die Zukunft – wie alle Briefe.Als sei ich ein Raumreisender, der eine neue Welt sieht, sein Körper aber für die alte Welt geschaffen ist … was mich unfähig machen würde, die neue Welt zu berühren… ”.

Sie hält inne und beginnt, die Rollen sinnvoll zu sortieren. Zuerst beschreiben sie die Geschichte einer naturnahen Utopie. Sie sieht die Heiterkeit auf den Gesichtern der fremden Wesen und die Zärtlichkeit ihrer Welt. Aber fortschreitendes Umgruppieren lässt die Bilder zu merkwürdigen und sinistren Konstellationen verkommen. Rosa Gestalten sickern in ihren Verstand, wie das Wuchern einer unbekannten Krankheit. Die großen Augen der Wesen – zuerst so einladend und kindlich – verschleiern sich und werden durchdringend.

Sie blickt flüchtig auf ihr Statusarmband, welches ihre Fähigkeiten zur Interpretation äußerer Stimuli aufzeichnet. “Hoppla”, sagt sie laut zum Bordcomputer, “Dominic? Mein Tonus ist völlig aus dem Takt. Ich muss meinen Render-Algorithmus vom binären Feedback trennen.” Der Computer antwortet nicht. Wie soll er auch, sie hat seine Sprachmodule entfernt. Aber sie weiß instinktiv, was sie zu tun hat. Sie legt die Rollen beiseite.


Währenddessen fallen die Rollen im Arbeitszimmer weiter. Jedes neue Bild zeigt sich Dominics lautlosen Kameras, während das vorherige auf den Boden rutscht. Verschiedene Bilder im Bruchteil einer Sekunde: eine explodierende Brücke – ein in die Luft geschleuderter Lastwagen mit wertvoller Ladung – Orangenbäume im Eis. Am anderen Ende des Raumschiffes fühlt Kämpfender Zentaur das Schwitzen und Herzrasen verwirrender Gewalt. Sie ist in Tombstone, einer Westernstadt aus der Staffel drei Star Trek Episode ‚Specter of the Gun‘. Ein Grenzland von Hoffnung und Gefahr, reich an Ressourcen, Macht und Erschaffung neuer und willkürlicher Richtlinien. Es ist das gewaltige Erbe der Erde, eingefroren in einer hypnagogischen Dämmerung. Sie fühlt, dass sie Teil der Geschichte der Bildrollen oder ein Werkzeug wird, durch das die Geschichte verstanden werden kann. Amerikanische Fernsehserien des 20. Jahrhunderts blitzen in ihrer Erinnerung auf: der Wilde Westen … Raum als die „letzte Grenze“ … Technologie, so fortschrittlich, dass sie wie Magie erscheint … Charaktere aus billigen Geschichten, die Kleidung tauschen. Sie stellt sich den Lastwagen im Augenblick der Explosion vor, festgefrorene in der Zeit. „Ich muss so werden wie dieser Lastwagen… schwebend im Raum, auf den Einschlag wartend.“ Als ob etwas direkt auf ihre Gedanken reagieren würde, kommt Wind auf in Tombstone. Blätter treiben an ihr vorbei, verfangen sich in ihren Haaren. Sie greift nach einem: Orangenbaumblätter. Die Uhr der Stadt schlägt fünf, das Set wird von Blitzen erleuchtet. Die Bilder, die Dominics Kameras aufgenommen haben, verblassen im Licht der Blitze. Donnerrollen formieren sich zu einem elektrischen Sturm.


In der Geschichte zu sein ist, heißt, sie zu verstehen. Nicht wie ein Charakter, sondern wie eine Kamera, die in der Lage ist, alle Seiten gleichzeitig im Blick zu haben. Wie eine Explosion, gespiegelt in einer Linse: Einzelbilder driften auseinander und enthüllen den Augenblick, in dem sie zu Erinnerung werden. Fragmente sind Ansammlungen. Menschliche Körper sind nicht gut geeignet, komplette Geschichten zu lesen. Sie sind in der Zeit gefangen, lesen daher jedes Bild wie ein Optogramm: im Augenblick des Todes, ein undeutlich verschmierter Eindruck der Welt auf der Netzhaut des Auges. Kämpfender Zentaur fühlt sich in ihre physische Form gesperrt; um weiter reichender sehen zu können, muss sie sich sublimieren. Einer von Valeries oft missverstandenen Vorträgen geht ihr durch den Kopf. Es handelt sich dabei um eine Richtlinie, die R2-45 Veräußerungsübung. Um diese umzusetzen, braucht einen Colt 45. „Irgendwo hier muss eine 45er liegen“, denkt sie und streift durchs staubige Tombstone-Set. Es sollte nicht lange dauern, bis sie einen „Friedensstifter“ in einem alten Fass außerhalb des Saloon findet. Die Pistole liegt auf Zeitungsfetzen. Sie hält inne, eine Hand auf dem Metallring des Fassrandes. Das Innere riecht schwach nach Orangen. Im Begriff nach der Pistole zu greifen, bemerkt sie auf einem der Zeitungsfetzen folgende Schlagzeile: „Die V2-Raketenbombe erreicht Südengland“. Ein weiterer Anachronismus. Ein Griff in das Fass, und sie ist – wie immer – vom Gewicht der Pistole überrascht. Das Unwetter hat aufgehört – das Publikum hält den Atem an – unwirkliche Wesen des Star Trek-Universums ebenso. In ihrem Kopf ist ein Bild der V2-Rakete, eingefroren in der Zeit, einige Meter über einer ruhigen Straße in London.


Kämpfender Zentaur zieht den Schlagbolzen des Colts mit dem Daumen zurück. Sie klappt die Trommel heraus und lässt sie rotieren. Eine einzige Patrone steckt darin. An der Trommel ist eine Buchse befestigt. Indem sie den Bolzen zurück zieht, drückt sich die Patrone aus dem Zylinder. Die Waffe scheint gut gepflegt, alles bewegt sich perfekt. Sie fühlt das Gewicht der Patrone in ihrer Hand. „Wie eine Spielzeugrakete”, denkt sie, „Diese Kugeln sind nicht real. Sie sind ohne Körper, wie eine Seifenblase. Sie sind nur Illusionen, Schatten ohne Substanz.“ Kämpfender Zentaur schiebt die Patrone in die Trommel zurück und klappt sie wieder ein. Sie dreht die Trommel, bis die Patrone positioniert ist, und schiebt den kalten Lauf des Colts in ihren Mund, leicht nach unten zielend. „Der Körper ist so leicht und so schwer wie die Erinnerung eines Raumfahrers an die Erde.“ Die Worte klingen verstümmelt wegen des Laufs auf ihrer Zunge, grob und undeutlich. Sie ändert ihre Meinung und positioniert ihn aufwärts zum Kopf. Die kreisförmige Mündung ruht nun perfekt an ihrem Gaumen, als sei sie dafür entworfen worden. Sie spricht ihre letzten Worte, jetzt klar artikuliert und mit Gelassenheit: „Berühre mich, bevor ich für immer vergehe.“ Mit einer Hand die Pistole in ihrer Position haltend, benutzt sie die andere, um den Abzugshahn zu betätigen. Das Projektil löst sich und schlägt ein Loch in ihren Schädel: eine winzige Rakete durchdringt die Atmosphäre einer neuen Welt. In der Höhle des vorherigen Raumes zerspringt das Glasfenster. Der Colt 45 entäußert die Seele aus ihrem Körper.

Da nun der Widerstand des Fleisches fehlt, breitet sich die feinstoffliche Materie von Kämpfendem Zentaur aus. 61 Parsekunden vom Dominic Carme Déchaux; 65 Parsekunden von oben nach unten; 153,5 Parsekunden hinauf und 59 Parsekunden von rechts; 157,5 Parsekunden von der Quelle zur Mitte. Während sie sich ausbreitet, verlangsamt sich die Zeit und kommt zum Stillstand. Stimmen treiben herein, ein Durcheinander an phonetischen Bestandteilen, unterscheidbar in ihrer Entfernung zu den sprechenden Mündern: „Wir begannen dort drüben in den Orangerien. Die Orangerien sind Symbole der Macht. Wir begannen dort mit einer Gemeinschaft, zu der jeder von uns das gab, was er hatte.“

Nun beginnt die Zeit rückwärts zu laufen. Die Rollen rutschen vom Fußboden des Arbeitsraumes zurück an ihren Ausgangsort. Das Fensterglas setzt sich wieder zusammen wieder, so wie sich erstarrendes Wasser an Eiskristalle anlagert. Kontakt! Die Zeit bewegt sich wieder vorwärts und beschleunigt. Sie dehnt sich schneller und weiter aus und sprengt letztlich die Grenze. Von den Schiffskameras werden keine Bilder mehr aufgenommen. Kämpfender Zentaur ist im Raum gefangen. Durch R2-45 wird sie simultan. Keine Kausalität mehr. Und endlich findet sie den Ursprung des Irrtums in der Geschichte: Er beginnt bei den Orangerien

Ich bin Kämpfender Zentaur. Ich trage die Bürden der Erde, aber ich reiße sie herunter wie eine abgenutzte, alte Haut. Ich spüre die Distanziertheit des alten Mannes, der uns aus dem Weltraum betrachtet. Ich kann ihn sprechen hören, seine Stimme ist losgelöst, arrogant und blutleer wie die Stimme eines Computers. Er argwöhnt, er sei nicht wirklich ein Mensch, sondern ein Fahrzeug, ein automatisiertes Instrument. Als die Mechanisierung ihn gefangen genommen hatte, hat sie mich befreit. Mein alter Körper ist verkümmert und treibt mit den Sonnenwinden hinfort. Aus den Wurzeln der Orangenbäume fließt der Saft mir zu, er fließt sowohl um als auch durch mich. Als Ansammlung und Konzentrat fließt er in mein Auge. In der Geschichte der Rollen ist die Mechanisierung im Gange. Alle Geschöpfe sind versammelt und schauen nach draußen. Unvollständige Formen, versammelt auf einem Haufen. Ich sehe ihre Lebenszyklen; das Neue, das aus den Leichen der Alten schlüpft. ich sehe ihre Leben schimmern und blühen. Aber ich kann auch ihre Geburtenfolge sehen, kulturell verwoben mit der Ernte von Orangen im Eis.

Dr. Mark Jackson Curator at IMT Gallery, London, and Senior Lecturer in Fine Art Critical Theory and Curatorial Practices at Northumbria University, Newcastle

The TV shows are specifically the original run of Beauty and the Beast (1987-1990),Friends (1994-2004), the first few episodes of It’s About Time (1966), Knight Rider,season 1 (1982-1983), M*A*S*H (1972-1983), Star Trek, season 3, episode 6 (1968) andThe X-Files, season 6 episode 4 (1998). Thanks to Ray Bradbury, especially The Illustrated Man (1951), Paul Klee‘s lecture Ueber die moderne Kunst (1924), to Valerie Solanas’ SCUM Manifesto, and Roland Davies for his drawing of the V2 Rocket Falling on a London Street for the Illustrated London News (1945). Some debt to William S. Burroughs, especially The Yage Letters with Allen Ginsberg (1963). The term “spacebound” is a misquote of Alfred Korzybski’s “space-binding”, the R2-45 idea is originally L Ron Hubbard’s, as is the idea of a “tone scale”. The oranges, window and dresser are from Jan van Eyck’s Arnolfini Portrait (1434) and the newspaper headline is from the Daily Herald: Saturday 11th November 1944. The name ‘Fighting Centaur’ is the title of a drawing by Christopher Stroud from Newport, printed in the 1982 2000 AD annual (1981).

Around 80 ink drawings ranging in size from 50 x 20 cm to 100 x 140 cm are framed with cloth and displayed as scrolls. With their partially conical shape and silver materials, they could have escaped from the ethnographic collection of the Starship Enterprise, acquired on its travels through the ‘infinite expanses’ of space. Therelaxed brush drawings unfurl themselves with tiny details and generously lavished surfaces.

The work reveals a kind of colonial history, which takes place on the fictional planet Tonder. Large-eyed beings, with childlike characteristics, are visited by four-armed caterpillars, bringing their inventions.

The central role is played by orangeries, which act as a symbol of beauty and power. But even the working caterpillars are only messengers for a greater mastermind… The works don’t have a linear narrative, but weave together a patchwork of stories.

The series can be understood as a classic societal parable, which uses friendly creatures, polka dots and pink fabrics to deal with concepts such as naivety and culture.

But just as fables are not just stories for children, the ‘Orangery By Night’ is abundant in depths and shallows.

Rolling Thunder
Text bei Dr. Mark Jackson
about the series ‚Orangerie at night‘ 

Fighting Centaur is in exile. She is in the study of her spaceship, a Dominic Carme Déchaux Mk. 9, the kind made from rooms designed to imitate American 20th century television shows. Today the study was in one of her favourite guises that she had bookmarked the first time it had appeared and given a favourable rating to make sure it came up again. It had been made up to look like the interior of the FLAG mobile unit as it appeared in the first season of Knight Rider. She often tired of her bookmarks, but this one she had kept. She is sitting next to a computer console in her prefab onesie, her feet cosy in a pair of nightmare blue remedial slippers. On the indicator panel in front of her are a pile of fabric rolls that had been given to her by her friend Valerie. The rolls are old, but Valerie had emphasised that they had arrived from a different universe with less rigid time laws during the chaos of the Privacy Wars. She generally follows up on Valerie’s suggestions as they are always interesting even if occasionally distasteful; he is one of the few people she knows who openly celebrates Earth Remembrance Day! The rolls are made up of painted scenes mounted on a range of colourful fabric. They are beautifully illustrated, a rare thing in the New Society, and the illustrations tell fantastic stories involving a world called Tonder. They tell stories of mysterious ziggurats; of the Earthman Wernher von Braun; and of the incalculable splendour of the Orangeries.

The Dominic Carme Déchaux series of intergalaxy spaceships are full of cameras. They capture images nanosecond-by-nanosecond, recording and sorting in the ship’s great artificial brain. The Mk. 9s have pushed this almost to the limit by popular demand, with very little of the ship unrecorded. Even dead spaces, sealed off by the ship’s design, which the solitary passenger would never visit and which serve no obvious functional purpose, are monitored in case they unexpectedly become critical. The computer records its data uninterrupted and without reservation, recording and interpreting, looking for significant material, sifting through images at speed to try and construct a story, revising with each new shift that contradicts the revision that has gone before. When environments seem to change, the cameras take on an active, seeking function. Coloured status lights blink on the computer console in Fighting Centaur’s study. They flash across the rolls left balanced on a central table, lighting them with a stroboscopic flicker. The cameras zoom in on them, adjusting with every blink. The frequency of the lights triggers something in the ship’s artificial brain and it begins to hallucinate: the pictures begin to move and unravel. In the camera’s gaze, alien beings from different worlds are talking to each other, teaching rules. The Toggos, indigenous inhabitants of Tonder, sit before the Bullwizz, immigrants from Wizz. There is a clear flow of information, and as the Bullwizz speak their bodies make clicking sounds. The listeners echo these sounds and learn more quickly by associating new rules with physical feelings. Their carapaces begin to crack and an odour is released, saccharine at first, then metallic, then foul like rotting fruit.


The cameras on the Dominic Mk. 9 watch Fighting Centaur as she makes her way through room after room of the ship. To really use the rolls productively only the right environment will do. She could reset the room cycle but she has found it was often quicker to start walking until she came upon the right scene. As the cameras watch her she passes through rooms that materialise out of the library of the computer. She climbs across the seats of Fox Mulder’s car from the X-Filesepisode ‘Dreamland’ and clambers through the subterranean New York tunnels of Beauty and the Beast. Often, she moves slowly through a room that she likes: the O.R. from M*A*S*H, complete with operating doctors and dismembered patients; or quickly through one that she finds oppressive or frustrating: The Central Perk coffee house from Friends. Taking her time doesn’t matter; inefficiency is a privilege of deep space travel. As the cameras watch her they also watch the rolls left behind in the study. The top roll slides to the floor under the cyclical current of the air-conditioning. A new image appears: the old man, the visitor von Braun. He gazes on the distant surface of Tonder, a planet on which he can never set foot. The inhabitants did not name their world Tonder, the name was the old man’s gift, neither asked for nor rejected. The cameras refocus, trapped in the rhythm of the lights. The image becomes indistinct; details and text dissolve into the background. Wernher von Braun blinks at the horizon. Around him the Bullwizz look concerned. They are only the simpleminded executers of von Braun’s will, yet they know his sight is failing. Clouds drift across the pink lands. An electrical storm smaller than a fingertip.

Moving through the ship, Fighting Centaur pauses in a dwelling cave from an early episode of It’s About Time. Something is wrong. The set should be prehistoric, yet a 15th Century stained-glass window, anachronistically embedded in left wall, lights the cave. In front of the window is a dresser on which sits three oranges and above, in the warm sun of the windowsill, is a forth. There shouldn’t be a window in the cave. There shouldn’t be a dresser. She recognises the scene as a detail from a painting: an old portrait from a history book. “Dominic? This painting isn’t in the television files. And the oranges don’t belong here. Could be it’s a software glitch.” She picks up an orange and sniffs it. The orange is soft and on its hidden side is an accumulation green and white penicillium mould. She imagines the orange as a world and the mould as an immense forest growing through a continent of ice. She tucks the rotten fruit into her onesie pocket, “Or could be I’m close.” She makes her way out of the cave into the next room. Flimsy-looking Wild West building façades stand around a square, the set appears incomplete. Behind the walls, the vast room has been lit to resemble sundown. A fiction within a fiction. The set is dusty and neglected, uninviting yet ergonomic. Around her the dry bushes smell of rain.

The stories described by the rolls were not like the stories sold by the New Society. They weren’t children’s stories like Bobby Terror and the Dregs of the Galaxy, nor were they thinly disguised myth cycles like Kitty Dark’s The Illustrated Planet. Fighting Centaur stares at the images, highlighted with pink at moments of narrative importance. She feels the textured rolls as much as looks at them, as if trying to read them through her fingertips. It is becoming clear that they are out of order, shuffled into a false account that resisted interpretation. “There is more here,” she says to herself, “they are like letters, written for the future like all letters are written. If I were a space traveller seeing a new world, my body made for an old one, unable to touch it…” She pauses and begins to rearrange them in an attempt to create a narrative that works for her. At first the story describes a natural utopia. She sees the glee on the faces of alien creatures and the tenderness with which they interacted with their world. But as she reshuffles the rolls the images seem to move in awkward and sinister ways. Pink shapes begin to seep into her mind like the unease of an unidentified sickness. The large eyes of the creatures, at first so inviting and childlike, become penetrating and opaque. She glances at her status wristband, which logs her ability to comprehend external stimuli. “Uh,” she says aloud to the ship’s computer, “Dominic? My tone scale is completely out of whack. I need to disconnect my rendering algorithm from binary response.” The computer doesn’t reply as she had removed its voice circuits, but she knows instinctively what it is she must do. She puts the rolls aside.

Back in the study the rolls continue to shift, each fresh image appearing to the Dominic’s mute cameras as the last one shuffles to the floor. Multiple images in the fraction of a second: an exploding bridge – a truck carrying precious cargo launched into the air – orange trees in the ice. At the other end of the spacecraft, Fighting Centaur feels it, the sweating and palpitations of a bewildering violence. She is in the town of Tombstone from the season three Star Trek episode ‘Spectre of the Gun’. A frontier land of hope and danger, of plentiful resources, of power and the establishment of new and arbitrary directives. It is the violent heritage of Earth, frozen in a hypnagogic twilight. She feels that she is becoming part of the story of the rolls, or a means by which the story can be understood. 20thCentury American TV shows flash through her head: the Wild West… space as the “final frontier”… technology so advanced that it seems like magic… characters swapping clothes in pulp magazines. She imagines the truck, suspended in time at the moment of the blast. “I must be like that truck, I must feel myself suspended in space waiting for impact.” As if responding directly to her thoughts, the winds pick up in Tombstone. Leaves blow past her, catching in her hair. She grabs one: leaves from an orange tree. A town clock strikes five, and lightening flashes illuminate the set, bleaching out the images recorded by the Dominic’s cameras. Rolls of thunder from an electrical storm.

 

To be in the story is to understand it. Not as a character but like a camera able to see all the pages at the same time. Like an explosion reflected on a lens: individual images moving apart to reveal the moment in which they became a memory. The fragments are an aggregate. Human bodies are no good for reading complete stories. They are locked in time, reading each image like an optogram: a fuzzy smudge of the world at the moment of its death. Fighting Centaur feels constrained by her physical form and to see past this she must become subtle. She remembers one of Valerie’s lectures, one that most people still misunderstand. It concerned a directive called theR2-45: exteriorization exercise, but she needs a Colt .45 to make it work. “There must be a .45 around here somewhere,” she thinks, walking through the dusty Tombstone set. It isn’t long before she finds one, a “Peacemaker”, resting inside an old barrel outside the saloon. The gun sits on some scraps of newspaper. She pauses, one hand on the metal hoop of the barrel rim. The inside smells faintly of oranges. As she is about to reach for the gun, she notices on one of the scraps of newspaper is a headline that reads “The V2 Rocket Comes To Southern England”. Another anachronism. She reaches into the barrel and lifts the gun, surprised, as always, by its weight. The lightening has stopped – the audience draws its breath – fictional beings of the Star Trekuniverse draw breath – an image in her mind of a V2 rocket frozen in time a few feet above a quiet London street.


Fighting Centaur pulls back the hammer with her thumb. She flips open the contoured loading gate and rotates the chambers to reveal a solitary round. Sliding back the rod in the sleeve attached to the barrel she ejects the cartridge out of the cylinder. The gun seems well cared for, everything moving perfectly. She feels the weight of the cartridge in her hand. “Like a toy rocket,” she thinks to herself, “the bullets are unreal. They are without body, like a soap bubble. They are illusions only, shadows without substance.” Fighting Centaur slides the cartridge back into the cylinder and closes the loading gate. She rotates the cylinder in the frame until the round is in position and places the cold barrel in her mouth aiming slightly down. “The body is as light and as heavy as a space traveller’s memory of Earth.” The words come out obscured around the barrel, crude and indistinct. She changes her mind and repositions the barrel against the side of her head, feeling the circular muzzle rest perfectly at her temple as if designed to do so. She says the final words, clear now and with composure: “Touch me before I vanish forever.” Using one hand to hold the gun in place and the other to pull the trigger, a bullet launches and blows a hole into her skull: a tiny rocket piercing the atmosphere of a new world. In the cave of the next room the stained-glass window shatters. The Colt .45 exteriorizes her soul out of her body.


Lacking the resistance of flesh, Fighting Centaur’s subtle body is spread out. 61 parsecs from the Dominic Carme Déchaux; 65 parsecs bottom to top; 153.5 parsecs up and 59 parsecs from right; 157.5 parsecs to centre from source. As she expands time slows down until it stops. Voices drift in with all their constituent phonemes arriving simultaneously, separable only through their distance from the mouths that speak them: „We began over there in the Orangeries. The Orangeries are symbols of power. We began there with a community to which each one of us gave what they had. More we cannot do….“ Time begins to run backwards. The rolls on the floor of the study shuffle back into place. The glass from the window reforms like water cooling around ice. Contact! Time starts forwards again and accelerates. As she expands faster and further she breaches time limits. No more images are recorded by the ship’s cameras. Fighting Centaur is spacebound. Through R2-45 she becomes simultaneous. No causality. And at long last she finds the origin of the mistake in the story, and it begins at the Orangeries.

I am Fighting Centaur. I bring the baggage of Earth, but I’m tearing it off like a worn-out old skin. I feel the cold detachment of the old man looking down on us from space. I can hear him speak, his voice is detached, arrogant and anaemic, like the voice of a computer. He suspects he is not really a man but a vehicle, an instrument on automatic. As mechanisation has made him a prisoner, it has made me free. My old body is vestigial, drifting away from me on the solar winds. Out from the roots of the orange trees the sap flows toward me, it flows around me as it flows through me. Gathering, concentrating, it flows into my eye. In the story of the rolls the mechanisation is in progress. All of the beings are gathered, looking outwards. Incomplete forms gathered in a mass. I see their lifecycle, the young emerging from the corpses of the old. I see their lives shimmering and grooving. But I also see their reproduction becoming culturally entwined with the harvesting of oranges in the ice.

Dr. Mark Jackson Curator at IMT Gallery, London, and Senior Lecturer in Fine Art Critical Theory and Curatorial Practices at Northumbria University, Newcastle

The TV shows are specifically the original run of Beauty and the Beast (1987-1990),Friends (1994-2004), the first few episodes of It’s About Time (1966), Knight Rider,season 1 (1982-1983), M*A*S*H (1972-1983), Star Trek, season 3, episode 6 (1968) andThe X-Files, season 6 episode 4 (1998). Thanks to Ray Bradbury, especially The Illustrated Man (1951), Paul Klee‘s lecture Ueber die moderne Kunst (1924), to Valerie Solanas’ SCUM Manifesto, and Roland Davies for his drawing of the V2 Rocket Falling on a London Street for the Illustrated London News (1945). Some debt to William S. Burroughs, especially The Yage Letters with Allen Ginsberg (1963). The term “spacebound” is a misquote of Alfred Korzybski’s “space-binding”, the R2-45 idea is originally L Ron Hubbard’s, as is the idea of a “tone scale”. The oranges, window and dresser are from Jan van Eyck’s Arnolfini Portrait (1434) and the newspaper headline is from the Daily Herald: Saturday 11th November 1944. The name ‘Fighting Centaur’ is the title of a drawing by Christopher Stroud from Newport, printed in the 1982 2000 ADannual (1981)